Eintrag vom 07. April 2021

Gesundheit: Aufholbedarf bei Online-Nutzung von Menschen mit Behinderungen

PRESSEAUSSENDUNG zum Weltgesundheitstag am 7. April 2021

Einen barrierefreien Zugang zum Gesundheitswesen fordert die Lebenshilfe anlässlich des Weltgesundheitstages. Von der Anmeldung zu Impfungen bis zur Online-Ordination – immer wichtiger dafür wird die Nutzung digitaler Medien. Hier gibt es noch einigen Aufholbedarf, wie eine Studie zeigt.

Digi-Coaches bei der Arbeit

Die Digitalisierung ist gesellschaftliche Realität – nicht erst seit der Pandemie. Doch gerade in den vergangenen Monaten hat sich deutlich gezeigt, wie sehr sie die Türen zum Gesundheitswesen öffnet: von der Anmeldung zu Testungen und Impfungen bis zur Telemedizin.

Das Forschungsbüro Menschenrechte der Lebenshilfe hat erhoben, wie barrierefrei die digitale Welt ist. Das Ergebnis der 550 Befragungen von Menschen mit und ohne Behinderungen lässt aufhorchen: 45 Prozent der Menschen mit Behinderungen nutzen kein Internet, bei Menschen ohne Behinderungen sind es nur zwei Prozent. 17 Prozent der Menschen mit Behinderungen nutzen kein Endgerät, bei Menschen ohne Behinderungen sind es 0 Prozent. » Mehr Info zur Studie

Die Lebenshilfe hat bereits Maßnahmen ergriffen, um Menschen mit Behinderungen den Zugang zur digitalen Welt zu erleichtern: Die von ihr entwickelte Suchmaschinen-Maske » „Frag Tobi“ erleichtert die Nutzung des Internets. Außerdem werden Menschen, die von der Lebenshilfe begleitet werden, zu Digi-Coaches ausgebildet. So können sie andere dabei unterstützen, sich im weltweiten Netz zurechtzufinden.

„Man stelle sich vor, man wird von einem Chatbot durch die Corona-Impfanmeldung begleitet oder man kann seinen Befund in einfacher Sprache downloaden. Barrierefreiheit nützt allen Menschen – ob digital oder analog!“, so Susanne Maurer-Aldrian, Geschäftsführerin der Lebenshilfen Soziale Dienste.

DIGITAL FÜR ALLE - Soziale Fairness in einer digitalen Welt

Angesichts des technologischen Fortschritts und des demographischen Wandels wird es auch immer mehr Menschen geben, die im Alltag auf eine barrierefreie, aber auch technisch-unterstützende Umwelt angewiesen sind. Digitale Barrierefreiheit und ein universelles Design werden nicht nur für ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen immer wichtiger, um an der Gesellschaft partizipieren zu können.

Die Lebenshilfe hat fünf Forderungen, mit der soziale Fairness in einer digitalen Welt gelingen kann:

Bildung
  • Digitale Kompetenz durch kostenfreie Schulungen für Menschen mit Behinderungen und Benachteiligungen, sowie für deren soziales Umfeld
  • Digitale Kompetenzen, Gefahren im Internet und Datenschutz werden grundlegendend im inklusiven Bildungssystem (von der Volksschule bis zur Erwachsenenbildung) vermittelt
  • Digitales Empowerment als Pflichtfach allen Pflege- und Sozialberufsausbildungen
Technische Barrieren
  • Finanzielle Unterstützung für den Kauf technischer Geräte
  • Weiter-Entwicklung barrierefreier Benutzeroberflächen und technischer Geräte, Finanzierung über die öffentliche Hand.
  • Bis 2025 Menschen mit Behinderungen als Expert*innen in eigener Sache in die Planung und Entwicklung neuer Technologien einbinden
Beratung
  • Barrierefreie Beratungseinrichtungen zu Künstlicher Intelligenz (KI) und Digitalisierung für alle Menschen
Bewusstseinsbildung
  • Bewusstseinsbildende Maßnahmen etablieren: Menschen mit Behinderungen als wertvolle Arbeitskräfte und Kund*innen (z. B. Preise für Unternehmen, die Menschen mit Behinderungen gleichstellen, Workshops, etc.)
Förderungen und Vergabe
  • Die öffentliche Hand finanziert Forschungsprojekte zu den Themen Künstliche Intelligenz und neue Technologien im Kontext von Menschen mit Behinderungen
  • Anpassung des Vergabegesetzes – Barrierefreiheit als Kriterium auch im Bereich der Digitalisierung